Die digitale Fotografie hat den großen Vorteil, dass man alle Bilder ganz bequem bearbeiten, verwalten, präsentieren und teilen kann. Kein Vergleich zur früheren analogen Fotografie, wo Bilder erst entwickeln und aufwendig Abzüge erstellen musste. Doch egal ob man das Ganze nun als Hobby betreibt oder professionell damit arbeiten möchte, man benötigt dafür die richtige Software. Dabei ist die Auswahl je nach Betriebssystem schon sehr gewaltig und es ist auch gar nicht einfach hier etwas passendes zu finden. Zumindest dann nicht wenn man Abseits der großen Anbieter sucht.
In diesem Beitrag möchte ich ein paar Programme vorstellen, mit denen ich seit vielen Jahre arbeite und die für jedermann frei verfügbar sind. Das bedeutet man kann diese Programme einfach herunterladen und nutzen. Man kann sie auf so vielen Geräten installieren, wie man möchte. Dann darf die Software kopieren und diese Kopien weiter geben. Man darf sogar den Quellcode lesen und ihn verändern, oder einen Programmierer damit beauftragen, falls man etwas verändern möchte.
Inhaltsverzeichnis
Was ist freie Software überhaupt?
Jedes Programm unterliegt einer bestimmten Lizenz. Diese Lizenz gibt an, wie die Software verwendet werden darf und wie nicht. Wer Windows oder Apple nutzt wird bei jeder Installation gefragt, ob man mit der Softwarelizenz oder der EULA (End User License Agreement) einverstanden ist. Die wenigsten Menschen lesen sich das wirklich durch, sondern setzen einfach ein Häkchen und setzen die Installation fort. Verständlich, wer möchte schon freiwillig diesen ganzen Kram lesen.
Fakt ist aber, das die Firmen immer versuchen werden die Nutzerrechte so weit einzuschränken, dass sie möglichst viel an ihren Produkten verdienen. Das ist auch irgendwo verständlich, denn keine Firma arbeitet gerne umsonst.
Was dabei aber gerne vergessen wird, ist der Umstand, dass Computer nur Werkzeuge sind, die je nach Aufgabe unterschiedlich genutzt werden sollen. Stellt euch vor, ein Handwerker könnte seinen Hammer nur noch für eine bestimmte Aufgabe verwenden kann, weil er nicht die richtige Liezens gekauft hat. Oder er dürfte damit nur in einem bestimmten Gebiet arbeiten. Er dürfte den Hammer auch nicht mehr an seinen Kollegen verleihen. Oder die Firma dürfte die Arbeiten des Handwerkers überwachen und die dadurch gewonnenen Daten einfach verkaufen. Das klingt absurd? In der Computerwelt ist das leider Alltag und das schon seit vielen Jahren.
In der Vergangenheit wurde auch immer wieder sehr viel Wert darauf gelegt, dass die Anwendungen auf keinem Fall kompatibel zu anderen Anwendungen sind. Das Office Programm einer großen Softwareschmiede in Redmond/USA ist da so ein Paradebeispiel. Ein Textdokument, dass mit so einem Programm erstellt wurde, ließ sich nicht mit irgendeinem anderen Programm öffnen. Man musste dieses Programm kaufen und jede weitere Aktualisierung noch dazu. Wobei kaufen auch nicht der richtige Ausdruck hierfür ist, denn man kauft die Software gar nicht, sondern erwirbt nur die Erlaubnis sie nutzen zu dürfen.
Aber zum Glück gibt es Menschen, die auf so einen Hokuspokus keine Lust mehr haben und Software programmieren, die unter einer freie Lizenz steht. Es gibt unzählige Anwendungen und sogar komplette Betriebssysteme, die frei verwendet werden können. Firefox gehört mit zu diesen Programmen, aber auch VLC, Kodi oder der Gimp. Das sind Anwendungen, die auf vielen privaten Rechnern zu finden sind. Nicht nur weil sie kostenlos sind, sondern weil sie durch ihre Funktionalität überzeugen. Dabei ist den meisten Nutzern gar nicht bewusst, welche Freiheiten sie mit diesen Programmen genießen können!
Man darf diese Programme nämlich nicht nur einfach nutzen, sondern auch noch teilen, kopieren und sogar modifizieren. Wenn man programmieren kann, könnte man Änderungen an den Programmen vornehmen oder einfach einen Softwareentwickler dafür bezahlen, dass er oder sie die Programme anpasst, verändert oder Funktionen hinzufügt. Diese Änderungen dürfen wir sogar veröffentlichen. Diese Beispiele sind jetzt zwar für einen privaten Nutzer völlig irrelevant, aber sie zeigen doch deutlich, wie viel freier diese Programme im Vergleich zu kommerziellen Programmen sind. Man könnte aber seine Wünsche aber auch direkt an die Entwickler:innen richten und nicht selten wird auch darauf reagiert. Ich selber habe das ein paar mal gemacht und konnte somit ein klein wenig zur Verbesserung der Software beitragen.
Und wo ist der Haken?
Klar, das es nicht nur Vorteile geben kann und deshalb möchte ich die Nachteile auch nicht verschweigen.
Es sollte klar sein, dass die Entwickler freier Software bei weitem nicht so viel Geld zur Verfügung haben, wie die großen Softwareschmieden. Das macht sich vor allem bei der Dokumentation bemerkbar. Kaum ein Programmierer hat wirklich Lust darauf nebenher noch die Handbücher zu schreiben. Deshalb gibt es oftmals keine, oder sie sind veraltet oder unvollständig. Hier ist also Eigenverantwortung und Eigeninitiative gefragt. Man muss sich halt mit der Software auseinandersetzen und wenn man der Meinung ist, dass ein Handbuch fehlt, dann muss eben eins schreiben. Das klingt vielleicht etwas komisch, aber genauso funktioniert freie Software! Jede/r kann etwas beitragen und das wird eigentlich auch erwartet. Leider ist das in den letzten Jahren etwas in Vergessenheit geraten. Es heißt ja auch Software-Community und nicht Selbstbedienungsladen.
Was auch sehr häufig als Nachteil angesehen wird, ist das die Freiheit nicht nur für den Nutzer Vorteile bringt, sondern auch für den Programmierer:innen. Die nämlich entwickeln ihre Programme so, wie sie es für richtig halten. Kommerzielle Firmen geben sich die größte Mühe, dass ihre Programme so einfach wie nur möglich zu bedienen sind. Sie investieren viel Geld und studieren seit vielen Jahren die Nutzerverhalten, um die Anwendungen so intuitiv wie nur möglich zu gestalten. Die Entwickler freier Software juckt so was oftmals nur am Rande. Dadurch wirken die Programme aber sehr häufig komplizierter und weniger durchdacht. Doch auch hier ist wieder Eigeninitiative gefordert. Wenn man die Programme nutzen möchte, dann muss man sich auch darauf einlassen. Als Gegenleistung erhalte ich professionelle Programme, die ich schon seit mehr als 20 Jahren nutze. Die Sache ist nämlich die, dass so eine freie Liezens nicht so einfach eine proprietäre Lizenz verändert werden kann. Das bedeutet, dass diese Anwendungen immer frei bleiben werden. Mir ist es vor sehr vielen Jahren auf einem weniger freien Betriebssystem mehrfach passiert, dass gute gratis Programme plötzlich nicht mehr nutzbar waren und man erst einmal zur Kasse gebeten wurde. Das ist übrigens auch der Grund, warum ich Anfälle bekomme, wenn jemand freie Software als gratis Programme bezeichnet. Das kommt sehr häufig vor und ist meiner Meinung nach eine Beleidigung.
Wer mehr über das Thema erfahren möchte, kann sich gerne der Seite der Free Software Foundation Europe informieren. Dieser Verein ist seit vielen Jahren sehr aktiv und sie stehen auch gerne mit Rat und Tat zur Seite.
Freie Software in der Fotografie
In der Fotografie benötigt man Anwendungen zum organisieren der Bilder, zum Bearbeiten, zum teilen und präsentieren. In der Welt der freien Software findet man dazu eine ganze Menge Anwendungen, die je nach Ansprüchen unterschiedlich zu bewerten sind. Ich möchte auf den folgenden Seiten einige dieser Programme vorstellen und im Laufe der Zeit ein paar Anleitungen dazu schreiben. Dabei möchte ich aber Programmen den Vortritt geben, die ich selber intensiv nutze und die für alle relevanten Betriebssysteme verfügbar sind. Das wären dann also GNU/Linux, Apple und Windows. Man findet diese Programme aber auch alle auf anderen Systemen, wie *BSD, Solaris oder Haiku.Wobei ich aber die Anwendungen nur auf dem wichtigsten System verwende, nämlich auf GNU/Linux.
darktable
Darktable ist eine Softwareperle, die ich hier schon einige mal vorstellte. Man kann damit Bilder organisieren und es ist der beste RAW-Konverter, den ich kenne! Auf der verlinkten Seite stelle ich das Programm ausgiebig vor.
digiKam
DigiKam ist ein Verwaltungskünstler! Es ist ein mächtiges Programm, wenn es um die Organisation von Bildern geht. Es verfügt über eine leistungsfähige Gesichtserkennung und lässt auch sonst keine Wünsche offen. Der Funktionsumfang kann einen fast erschlagen und es bedarf einer gewissen Einarbeitung, bis man sich zurecht findet. Es lohnt sich aber dieses Programm einmal auszuprobieren.
In Kürze erscheint hier ein umfassender Bericht.
Gimp
Gimp ist eigentlich ein sehr bekanntes Programm, dass sehr gerne mit Photoshop verglichen wird. Keine Ahnung ob das Sinn ergibt, denn ich kenne die Produkte von Adobe nicht und die Diskussion darüber, welches Programm nun besser sei, halte ich für ziemlich daneben.
Gimp ist großartig und auch wenn ich die meiste Arbeit heute mit darktable erledige, gibt es immer wieder Situationen, in denen ich auf Gimp zurückgreife.
Auch hier werde ich in Kürze einen umfassenderen Bericht schreiben.
Hugin – Panorama photo stitcher
Hugin ist toll! Mit diesem Programm kann man in Handumdrehen einzelne Bilder zu einem Panorama zusammenfügen. Die Ergebnisse sind oftmals verblüffend. Dieses Programm kommt bei mir sehr häufig zum Einsatz. In der Regel zwar als Plugin in darktable oder digiKam, aber ausnahmslos alle meine Panoramen werden mit dieser Software erzeugt und das seit mindestens 15 Jahren.
Hier ist natürlich ebenfalls ein ausführlicher Beitrag geplant und er wird auch irgendwann erscheinen.
Fazit
Wie man sehen kann, gibt es einige professionelle Anwendungen in der Welt der freien Software, die wirklich den gesamten Workflow abdecken. Hier fehlen noch einige Beiträge, aber die werden nach und nach noch geschrieben. Dahinter steckt einiges an Arbeit, deshalb bitte ich hier ein wenig um Geduld.
In der Zwischenzeit möchte ich euch ermutigen diese Anwendungen einmal auszuprobieren! Eigeninitiative ist nie verkehrt. Man kann davon eigentlich nur profitieren.
Wenn Ihr Fragen zu den Anwendungen habt, könnt ihr sie gerne hier stellen und Vorschläge zu anderen freien Programmen werden auch gerne angenommen.
in der Tat, leider ist der Grund „kostenlos“ fast immer der Punkt, der die Menschen dazu bewegt, ohne dass sie nur eine Ahnung haben, was „frei“ wirklich bedeutet.
Wenn ich jemandem was empfehlen soll, versuche ich auch immer darauf hinzuweisen, worum es geht, bzw wo die wirklichen Unterschiede gibt, aber nicht jeder will es wissen.
Muss man wohl mit leben, auch wenn es schade ist.
Darktable und Gimp ist auch bei mir seit langem in regelmäßiger Anwendung.
Danke Dir für die Arbeit, die Du in Deine Seite steckst!
Aus meiner Sicht ein ganz wesentlicher Punkt freier Software ist die „Langzeitverfügbarkeit“. Denn ob eine kommerzielle Software (oder ein Dateiformat) in ein paar Jahren noch verfügbar ist, hängt davon ab, ob der Hersteller genug daran verdienen kann. Wenn nicht, ist die Software in der Sackgasse, denn die Programmierung ist „geheim“ – nur dem Hersteller bekannt, also verloren, wenn der sie einstampft*. Freie Software hingegen ist offen/öffentlich – auch die Programmierung ist in allen Details bekannt. Im Extremfall könnte ein Softwareentwickler sie auch nach Jahrzehnten nochmal in Bewegung bringen.
Was auf lange Zeit verfügbar sein soll, ist auf freie/offene Software und auf offene nicht proprietäre Datei-Formate angewiesen.
*: schönes Beispiel aus der analogen Welt sind zB die Rezepte (Chemie und Prozesse) zur Herstellung von fotografischem Film. Dieses Wissen ist bereits zu einem grossen Teil verloren, da nie öffentlich dokumentiert sondern als Firmengeheimnis versteckt, später geshreddert da kommerziell nicht mehr interessant oder Firma konkurs. zB die kürzlich neu gehypten Polaroidfilme mussten von den neuen Käufern der stillgelegten Maschinen+Marke neu erfunden/entwickelt werden, denn das Wissen war grösstenteils verloren.
Eine tolle Zusammenstellung! Darktable war bei mir auch sehr lange in Verwendung und Hugin ist absolut neu für mich! Danke für den Tipp!