Unser erster kleiner Ausflug mit der Kamera war noch ziemlich ziellos. Ich hatte schon Tage vorher meine alte Sony SLT-a33 vom Staub befreit und die alten Batterien geladen und auch einige Objektive gereinigt. Ich muss zugeben, dass ich selber ziemlich eingerostet bin und meine eigene Kamera auch nicht ganz staubfrei daher kam.
Wie schon in der Einleitung erwähnt, kam nur ein einziges Objektiv zum Einsatz. Sie konnte selbst wählen und entschied sich für das Minolta 50/ 1.7. Also eine Festbrennweite mit einer sehr großen Offenblende. Das Objektiv hat natürlich einen Autofokus und auch die Kamera war so eingestellt, dass sie alles automatisch machte.
Ich wollte das Kind nicht schon wieder überfordern, sondern dachte wir konzentrieren uns viel lieber auf die Motivsuche und die Bildgestaltung. Ich behaupte ja schon länger, dass es möglich sei schöne Bilder zu machen, ohne das man sich übermäßig viel um die Technik kümmert.
Schon nach kurzer Zeit blieben wir an ein paar Blüten hängen und wir experimentierten ein wenig mit unseren Kameras. Ich hatte ein altes Helios-44-2 an meiner Kamera. Das ist ein manuelles russisches Objektiv, mit einer Brennweite von 58 mm und eine Offenblende von F/2.0, also ebenfalls ein sehr Lichtstarkes Objektiv. Somit hatten wir in etwa die selben Voraussetzungen.
Natürlich verglichen wir zwischendurch unsere Bilder und stellten fest, dass meine Bilder „besser“ waren. Nun, ich mach das schon seit 20 Jahren, also wird man schon irgendwo einen Unterschied zu einer Anfängerin erkennen können. Aber wie zu erwarten lag es natürlich am Objektiv, also tauschten wir.
Manuelle Objektive haben keinen Autofokus und keine automatische Blende. Man muss sie eben manuell bedienen und das bedeutet, dass man auch selber scharfstellen muss. Das Helios hat ein paar interessante Eigenschaften, aber die Handhabung gehört meiner Meinung nach nicht gerade dazu. Wer einfach nur knipsen möchte, wird von solchen Objektiven lieber die Finger lassen.
Um so mehr überraschte es mich, dass sie total begeistert von diesem Objektiv war. Sie käme damit viel besser zurecht, als mit dem Autofokus. Ja, man kann auch mit einem automatischen Objektiv manuell fokussieren, aber bei weitem nicht so präzise, weil der Gewindegang viel kürzer ist. Dadurch ist der Autofokus einfach schneller.
Das Helios hat allerdings das Problem, dass man sehr schnell versehentlich den Blendenring verstellt. Das irritiert mich selber sehr häufig, also hab ich entschieden, dass sie am Anfang mit einem manuellen Objektiv arbeiten soll, dass einfacher zu bedienen ist. Ich entschied mich für das PENTACON 50/1.8. Eine tolle Linse aus der ehemaligen DDR, dass man schon für unter 15€ erwerben kann. Das Objektiv hat den Vorteil, dass es eine Naheinstellgrenze von gerademal 33 cm hat. Damit kann man verdammt nah an ein Motiv heran. Für ein 50 mm Objektiv ist das keine Selbstverständlichkeit.
Mit diesem Objektiv fängt sie jetzt an das Fotografieren zu erlernen. Wir werden natürlich noch ganz andere Objektive verwenden, aber dieses wird erst einmal ihr Standardwerkzeug werden. Immerhin versuche ich immer noch die Fotografie für sie zu vereinfachen, auch wenn das Kind mir dabei ständig einen Strich durch die Rechnung macht.
Die Sache mit der Bildbearbeitung
Wer fotografiert, möchte die Bilder natürlich auch irgendwo speichern, organisieren und eventuell auch noch etwas bearbeiten. 2020 war sie davon gar nicht begeistert. Ich habe ihr die Bilder auf ihren Laptop kopiert, aber sie hatte keinerlei Interesse sie anzuschauen oder zu verwalten. Hier hätte ich merken müssen, dass sie damit komplett überfordert war.
Deshalb ging ich das Thema diesmal sehr behutsam an. Die Bilder werden selbstverständlich in jpg fotografiert und sollten mit dem Programm Shotwell auf den Rechner kopiert und verwaltet werden. Shotwell ist eine Fotoverwaltung, die unter Linux sehr häufig verwendet wird. Sie richtet sich an Anfänger oder an Leute, die nur gelegentlich mal ein paar Bilder verwalten wollen. Shotwell konzentriert sich auf die wichtigsten Aufgaben in der Fotoverwaltung ist bei weiten nicht so überladen wie zum Beispiel digiKam oder darktable. Perfekt für mein Kind, dachte ich jedenfalls.
Dieses Kind hat nämlich ganz andere Vorstellungen. Sie möchte ihre Bilder genau so bearbeiten wie ich es tue.
Ohje…. Das brachte mein gesamtes Konzept durcheinander. All das, was ich mir in den letzten 20 Jahren beigebracht habe, möchte dieses Kind erlernen. Natürlich schmeichelt das, aber es ist immer noch das selbe Kind, mit den selben Problemen. Ich möchte sie keinesfalls ausbremsen, aber auch nicht überfordern.
Sie möchte in RAW fotografieren und ebenfalls mit darktable arbeiten. Prinzipiell ist das super, aber ob ich das alles vernünftig vermitteln kann, ist fraglich. Mir kam aber die Idee, dass sie ihre Bilder in RAW+jpg aufnimmt. Dadurch hat sie fertige Bilder, die nicht unbedingt bearbeitet werden müssen und gleichzeitig die Rohdateien, falls sie doch bearbeiten möchte. Ich denke das ist ein guter Kompromiss. Da sie zur Zeit noch in der Klinik ist, konnte sie bisher nicht wirklich viel bearbeiten. Es fehlte einfach an der nötigen Zeit, aber sie fängt an zu experimentieren und das ist schon mal richtig super.
An gerade mal zwei Wochenenden haben wie aber viel geschafft. Wir haben uns gemeinsam für die geeignete Ausrüstung entschieden und auch den Grundstein für die weitere Bildbearbeitung gelegt. Für uns beide ist das eine sehr große Herausforderung, aber es macht uns Spaß und wir beide lernen hier eine ganze Menge.
Die Bilder sind natürlich wieder von ihr. Es war übrigens ihre Idee, ihre Bilder auf unserem Blog zu veröffentlichen. Dadurch kam mir die Idee, für diese Beitragsreihe.